YogaMedAcht-Studie zur Verbesserung der Lebensqualität durch ein Yoga-Training für Kinder & Jugendliche nach einer Krebserkrankung im Gesundheitszentrum Sonne & Mond

Martina Dernehl (Journalistin und Teilnehmerin in unserer Yogalehrausbildung) interviewte die Doktorandin Jacqueline Luchte, die die derzeit laufende Studie maßgeblich betreut:

Worum geht es in der Studie?

Im Rahmen der Studie untersuchen wir, ob sich ein 12-wöchiger Kurs, bestehend aus einer Kombination von Yoga, Meditation und Achtsamkeit, positiv auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und das Stressempfinden von Kindern und Jugendlichen mit oder nach einer onkologischen Erkrankung auswirkt.

Unter welchen Krebskrankheiten leiden die Kinder und Jugendlichen, die an der Studie teilnehmen?

Die Kinder und Jugendliche, die an unserer Studie teilnehmen, leiden/ litten an unterschiedlichen Arten kinderonkologischer Erkrankungen, zum Beispiel Leukämie, Lymphomen, Osteosarkomen und Hirntumoren.

Wie setzen sich die Gruppen zusammen?

Unsere Kindergruppen bestehen aus Kindern zwischen 10 und 13 Jahren. Die Jugendlichen in den Jugendgruppen sind zwischen 14 und 17 Jahren. Die Gruppen sind bezüglich der Geschlechterverteilung ausgewogen.

Inwieweit ist das Gesundheitszentrum Sonne & Mond an der Studie beteiligt?

Alexander Peters war so freundlich, uns die Räumlichkeiten des Gesundheitszentrums Sonne Mond kostenfrei für unsere YogMedAcht-Kurse zur Verfügung zu stellen. Außerdem steht er uns mit seiner langjährigen Expertise als Berater im Hinblick auf unser Kurs-Manual und dessen Umsetzung zur Seite.

Wer führt die Studie eigentlich durch?

Die YogMedAcht-Studie wird von der Arbeitsgruppe um Prof. Georg Seifert „Integrative Medizin in der Pädiatrie“, der Charite Universitätsmedizin Berlin durchgeführt. Ziel unserer Arbeitsgruppe ist es, verschiedene integrativmedizinische und komplementäre Therapieansätze zur Unterstützung der Patient*innen, zum Beispiel während und nach einer onkologischen Behandlung, wissenschaftlich zu untersuchen.
Das YogMedAcht-Studienteam besteht aus dem Studienleiter Prof. Seifert (Oberarzt der Kinderonkologie am Virchowklinikum und Leiter der AG Integrative Medizin in der Pädiatrie), Frau Dr. Wiebke Stritter (Psychologin in der Kinderonkologie und Leiterin des Bereichs Klinische Studien in der AG Integrative Medizin in der Pädiatrie), mir selbst (medizinische Doktorandin und Physiotherapeutin), unseren beiden Yogalehrerinnen Maria Miecke und Alexandra Amoneit (zwei erfahrenen Kinder- und Erwachsenen-Yogalehrerinnen) sowie Alexander Peters (Yogalehrer und -therapeut, Dozent und Leiter des Berliner Gesundheitszentrum „Sonne & Mond“).
Das dem Kurs zugrundeliegende Programm wurde von mir gemeinsam mit Maria Miecke, Alexandra Amoneit, Paola Pilai (ebenfalls Yogalehrerin) entwickelt. Beraten wurden wir dabei durch Frau Dr. Wiebke Stritter, Prof. Seifert und Alexander Peters. Die Kurse werden von Maria Miecke, Alexandra Amoneit und mir angeleitet.

Über welchen Zeitraum erstreckt sich die Studie?

Die Planung der Studie begann im Sommer 2020 und wir streben die Auswertung und Publikation der Studienergebnisse im Sommer 2023 an.

Was ist das Studienziel? Was genau soll erforscht werden?

Untersucht wird die Auswirkung einer Kombination aus Yoga, Meditation und Achtsamkeitsübungen auf das Stressempfinden und die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren mit oder nach einer onkologischen Erkrankung. Dafür nehmen die Studienteilnehmer*innen über einen Zeitraum von 12 Wochen einmal wöchentlich an einem 90-minütigen Kurs teil. Das Kursmanual wurde im Studienteam systematisch entwickelt. Es werden gezielt Yogaübungen vermittelt und angeleitet, um Beweglichkeit, Kraft und Gleichgewicht zu verbessern. Es werden ausgewählte Entspannungsmethoden und Meditationen angeleitet, um für Entspannung für Körper, Geist und Seele zu sorgen. Und wir widmen uns in dem Kurs dem Thema Achtsamkeit, zur Verbesserung der Selbstwahrnehmung und Lebensqualität.

Gibt es Gruppen mit Kindern und Jugendlichen, die ihre Krankheit bereits überwunden und diejenigen, die sie akut haben?

Ja, in beiden aktuell stattfindenden Gruppen gibt es sowohl Kinder, die sich am Ende der Therapie ihrer onkologischen Erkrankung befinden, als auch Kinder, die diese schon abgeschlossen haben und sich in der Nachsorge befinden.

Gibt es schon weitere Studien zu diesem Thema?

Ja, es gibt ein paar, wenn auch sehr wenige Studien zu dieser Patientengruppe und den Interventionen, Yoga, Meditation und Achtsamkeit. Hier der Link zu unserer zusammenfassenden Arbeit zu dieser Frage:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0965229921001321?via%3Dihub

In welcher Weise werden die Studienergebnisse erhoben?

Vor dem ersten Kurstermin findet die erste Datenerhebung statt, das Ausfüllen psychometrischer Fragebögen zu den Themen Stressempfinden und Lebensqualität durch die Studienteilnehmer*innen. Außerdem können sie mit ihren eigenen Worten formulieren, was sie aktuell beschäftigt, betrübt, sorgt oder ängstigt.
Nach dem 12-wöchigen Kurs erhalten die Teilnehmenden die gleichen Fragebögen noch einmal, sowie dann nochmal 12 Wochen später. Alle drei Erhebungen werden dann verglichen, um zu sehen, ob sich Stressempfinden und gesundheitsbezogene Lebensqualität im Verlauf verändert haben. Außerdem führe ich nach dem 12-wöchigen Kurs qualitative Interviews mit einigen Teilnehmer*innen durch zu ihrem Stressempfinden, ihrer Lebensqualität und darüber, wie sie den Kurs empfunden haben, was sie als mehr oder weniger hilfreich empfanden.

Welche Kriterien werden zur Auswertung herangezogen und wie gemessen?

Wir messen mit Hilfe psychometrischer Fragebögen Stressempfinden und Lebensqualität und führen qualitative Interviews durch.

Werden zusätzlich zu den 90 Min. Yogaübungen zuhause oder in der Klinik durchgeführt?

Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen werden dazu angeregt, die Yogaübungen, wie zum Beispiel den Sonnengruß, zuhause zu üben. Außerdem bitten wir sie, sich einmal täglich Zeit zu nehmen, ihren Tag Revue passieren zu lassen und einen schönen Moment, in dem sie sich glücklich oder dankbar fühlten, in ihr Dankbarkeitstagebuch zu schreiben, um so die Achtsamkeitspraxis zu fördern. Zusätzlich nehmen wir die Yogaübungen und Meditationen auf und stellen sie unseren Teilnehmer*innen für zuhause zur Verfügung, um ihnen das Üben zu erleichtern.

Wie genau bringen Sie den Kindern Meditation und Achtsamkeit bei?

Bei den Meditationen handelt es sich um geführte Meditationen. Sie sind meist zwischen 10 und 15 Minuten lang. Alle Teilnehmer*innen werden zunächst angeleitet, eine für sie ganz individuell entspannende Ausgangsstellung einzunehmen. Hier können Hilfsmittel wie Kissen, Decken und Augenkissen verwendet werden. Haben alle eine für sie passende Ausgangsstellung gefunden, leite ich die Meditation durch das Fokussieren auf unseren Atem ein und begleite die Teilnehmer*innen so in die Stille. Die Teilnehmer*innen werden dann zum Beispiel mit Hilfe von inneren Bildern von mir in bzw. durch die Mediation geführt. Manche Meditationen werden durch ein Klangspiel untermalt, andere, wie zum Beispiel die Essmeditation, werden nur durch meine Worte begleitet. Achtsamkeit praktizieren wir die ganze Zeit während unserer Kurse, bei allen Spielen, den Asana-Reihen (körperlichen Yogaübungen) und während der Meditationen. Indem wir uns bewusst auf den Moment und zum Beispiel auf unsere Atmung, die Ausführung der Asanas oder darauf, während der Essmeditation eine Traube oder Tomate mit allen Sinnen intensiv wahrzunehmen, konzentrieren. Immer mal wieder lenken wir unseren Fokus während der Stunde auf das Hier und Jetzt.

Gab es auch Schwierigkeiten während der Meditation und Achtsamkeitsübungen?

Bei den Meditations- und Achtsamkeitsübungen gab es bisher nicht direkt Schwierigkeiten. Es kommt jedoch vor, dass ein*e Teilnehmer*in dabei einschläft oder sich danach erstmal müder fühlt als kurz davor und sich die Meditation gern länger gewünscht hätte.

Welche Rückmeldungen hat es gegeben?

Die verbal in den Stunden formulierten Rückmeldungen der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen beziehen sich bisher auf die einzelnen Stundenelemente. Allgemein ist festzuhalten, dass sie die Meditationen sehr genießen und die Asanapraxis doch mitunter recht herausfordernd finden. Zu unseren Parametern Stressempfinden und gesundheitsbezogene Lebensqualität lässt sich im Augenblick noch keine Aussage treffen, da wir mitten in den ersten beiden Kursdurchläufen sind.

Gibt es während des Yogaunterrichts Raum für Momente, wenn die Kinder ihre Ängste spüren?

Ja, es gibt Raum für Momente, in denen die Teilnehmer*innen ihre Ängste spüren und diese mit uns und der Gruppe teilen können.
Jede der 12 YogMedAcht-Stunden hat ihr eigenes Stundenthema. Je nach Stundenthema wird das Thema „Angst“ auch immer mal in diesen zur Sprache gebracht, ohne dass wir die Teilnehmer*innen direkt und persönlich im Hinblick auf ihre Ängste ansprechen. Jede*r ist eingeladen, zu teilen, was er*sie teilen möchte. Dass jemand über Angst spricht, kommt auch vor, doch berichten die Teilnehmer*innen mehr darüber, dass sie traurig oder wütend sind und erzählen dann von Ereignissen aus ihrem aktuellen Alltag.

Ist es möglich, nach Durchführung der ersten Gruppe, bereits eine Aussage zu machen in Bezug auf Lebensqualität und Stressempfinden?

Eine vorläufige erste Auswertung ist durchführbar, nachdem der erste Kinder-YogMedAcht-Kurs beendet ist und die zweite Datenerhebung stattgefunden hat, sodass wir diese mit der Baseline-Erhebung vergleichen können. Ist dies erfolgt, können wir erste Aussagen treffen, die jedoch zu diesem Zeitpunkt noch keine sehr große Reichweite haben und nur begrenzt generalisierbar sind.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, mit denen Sie nicht gerechnet haben?

Die an dem ersten Kurs teilnehmenden Kinder genießen die Meditationen in unseren Kursen ganz besonders, was sie in den Feedbackrunden formulieren. Und alle bisher teilnehmenden Kinder lieben das Lavendel-Augenkissen, welches sie oft in den Meditationen verwenden.

Was gibt es sonst noch Interessantes oder Wissenswertes mitzuteilen?

Die Arbeit mit unseren teilnehmenden Kindern und Jugendlichen ist immer wieder inspirierend und sehr schön. Und sie sind selbst kleine und größere Lehrmeister.